Handlungsfeld Arbeit

Predictive Maintenance

Abstract

Lektion 4

Alles im Griff!

Judith: Hallo, Ivo. Darf ich dir meine Nichte Lisa vorstellen? Lisa, das ist Ivo Kovač. Er ist unser Werksleiter. 

Ivo: Hallo, Lisa! 

Lisa: Hallo! 

Judith: Lisa ist heute bei uns und will mehr über Smart Factorys erfahren.  

Ivo: Aha … Und? Was interessiert dich denn am meisten? 

Lisa: Hm, also, am spannendsten finde ich, dass man herausfinden kann, wann eine Maschine kurz davor ist, auszufallen. 

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Lisa: Das hatten wir nämlich neulich auch bei uns in der Werkstatt. Da kam ein Auto rein, das völlig in Ordnung war. Aber ein Sensor hat gemeldet, dass wahrscheinlich demnächst die Lichtmaschine ausfällt. 

Ivo: Ja, das nennt man „Predictive Maintenance”, also vorausschauende Wartung. Schau mal hier. 

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Ivo: In diesem Programm kann ich genau sehen, wie die Produktion läuft und wie es unseren Maschinen geht.  

Lisa: Und was sind das für Kurven? Sind das Zeitreihen? 

Ivo: Ja, genau. Damit kann ich zum Beispiel erkennen, wie viel Material heute schon verarbeitet wurde, ob eine Maschine fehlerfrei läuft oder ob ein Sensor eine Störung meldet. 

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Ivo: So sieht übrigens die Systemmeldung aus, wenn die Temperatur eines Roboters erhöht ist. Eine höhere Temperatur kann ein Anzeichen dafür sein, dass der Roboter bald ausfällt. Und bei Predictive Maintenance geht es ja genau darum, drohende Probleme erkennen und lösen zu können, bevor sie sich auf die Produktion auswirken.  

Lisa: Klar. Wahrscheinlich steht hier ja auch alles still, wenn ein Roboter ausfällt, oder? 

Ivo: Ja, fast! 

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Blick in die Zukunft

Interessant ist der Sensor, der die Position eines montierten Teils misst. Das System erkannte in der Vergangenheit: Weicht die Position zu stark vom Zielwert ab, fallen Maschinen mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent eine Woche später aus. Nun kann man vorher eingreifen, wenn es in den Produktionsprozess passt.

Diese vorausschauende Wartung braucht Daten aus der Vergangenheit – historische Daten. Für zuverlässige Vorhersagen braucht man auch Daten mit Störungen. Auf dieser Basis kann ein Algorithmus Prognosen erstellen.

Je mehr Daten, desto verlässlicher kann der Algorithmus berechnen, wann und warum Störungen auftreten. Man spricht von Mustererkennung, da der Algorithmus die Unmengen an Daten nach einem Muster durchsucht, das immer vor einem Ausfall auftritt.

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Grafik Störungen

Da es im Normalfall eher selten zu Störungen kommt, werden für die Prognosen oft die Daten mehrerer Maschinen oder Fabriken genutzt. Wichtig ist, dass die Daten vergleichbar sind.

Wenn eine Maschine bisher Aluminiumblech verarbeitet hat und nun auf Stahlblech umgestellt wird, erhöht das womöglich den Verschleiß von Maschinenteilen. Ebenso kann es Auswirkungen haben, wenn die Produktion vom kühlen Dänemark ins feuchtheiße Indien verlagert wird: Die Maschinen laufen dann unter ganz anderen Umgebungsbedingungen.

Vergisst man, den Einfluss von Material, Temperatur und Luftfeuchtigkeit auf die Lebensdauer der Maschine zu untersuchen, liefert der Algorithmus keine verwertbaren Ergebnisse.

Die Daten müssen also repräsentativ sein und die Produktion vollständig abbilden. Dann kann ein Algorithmus mithilfe statistischer Berechnungen einen Normalbereich festlegen und ungewöhnliche Werte, sogenannte Ausreißer, finden.

Wenn Ausreißer gehäuft vor einem Ausfall der Maschine auftreten, können sie den Ausfall möglicherweise vorhersagen. Aber es ist Vorsicht geboten: Nur weil zwei Ereignisse gleichzeitig auftreten, heißt das nicht, dass das eine die Ursache des anderen ist, also eine Kausalität besteht.

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      Grafik Störungen

      Aufgabe

      Description

      Gut aufgepasst? Teste dein Wissen!

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      Immer wieder montags?

      Aus diesem Bild lassen sich die Ausreißer vor einer Störung ablesen. Besteht hier zwangsläufig ein Zusammenhang oder kann es sich auch um einen Zufall handeln? Beim Spielen kann man schließlich auch mehrere Sechsen in Folge würfeln.

      Um die Vorgänge in einer Smart Factory richtig interpretieren zu können, lauten die entscheidenden Fragen: Sind ungewöhnliche Ereignisse Zufall oder nicht? Wenn sie kein Zufall sind, ist die Abweichung für die Produktion überhaupt relevant?

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      Grafik Störungen

      Bei der Beantwortung dieser Fragen hilft Statistik. Statistik stellt Verfahren bereit, mit denen man herausfinden kann, ob ungewöhnliche Ereignisse als Zufall gelten können oder nicht. Wenn das nicht der Fall ist, spricht man von statistischer Signifikanz.

      Kurz vor einer Störung der Maschine weichen die gemessenen Daten immer so stark vom Normbereich der Werte ab, dass man einen zufälligen Zusammenhang ausschließen kann. Die Abweichung und der Zusammenhang sind somit statistisch signifikant.

      Hier ist ein Beispiel: Man hat herausgefunden, dass die Anzahl der Störungen montags besonders hoch ist. Dieses Problem löst man nicht unbedingt, indem man an Montagen mehr Mechaniker*innen zum Dienst einteilt. Der auffällige Zusammenhang zwischen Wochentag und Störungen könnte auch darauf basieren, dass Anfang der Woche neues Material geliefert wird oder neue Aufträge bearbeitet werden. Zusammenhänge können also statistisch signifikant sein, obwohl die Ursache des Problems an anderer Stelle liegt.

      Statistische Signifikanz ist eben nicht identisch mit praktischer Relevanz. Praktische Relevanz wäre zum Beispiel gegeben, wenn ein wiederholtes gleichzeitiges Auftreten von Ereignissen bedeutet, dass das eine das andere auslöst. In sehr großen Datensätzen können zudem auch kleine Zusammenhänge signifikant werden, die für die Praxis aber gar keine Bedeutung haben. Statistik kann nur darlegen, dass es einen signifikanten Zusammenhang gibt. Sie kann aber nicht feststellen, dass er etwas zu bedeuten hat.

      Aufgabe

      Interactive tasks

      Geschickte Annäherung

      Daten in der Smart Factory können Messfehler enthalten. Stell dir vor, ein Scanner, der Werkstücke auf einem Fließband zählen soll, meldet am Ende eines Arbeitsschritts: „Minus zehn Teile verbaut.“ Möglicherweise gibt es für den offensichtlich falschen Wert eine einfache Erklärung.

      Gibt es keine solche Erklärung, sollte man den Messwert dennoch nicht einfach löschen. Die Lücke, die dadurch in der Zeitreihe entsteht, erschwert es, die Daten statistisch zu analysieren.

      Man kann versuchen, sich dem vermutlich richtigen Wert anzunähern. Beispielsweise berechnet man den Mittelwert aus den Werten vor und nach dem fehlerhaften Wert. Dann können die Mitarbeiter*innen den falschen Wert als Messfehler kennzeichnen und die Software ersetzt diesen Wert automatisch durch eine solche Annäherung. 

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          Grafik Störung oder Messfehler

          Aufgabe

          Description

          Bei welchen Werten muss man davon ausgehen, dass sie auf Messfehlern beruhen? Und bei welchen ist eine genauere Untersuchung nötig?

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